Ich glaube, ich habe vor kurzem zum Coming-Out eines Fünfjährigen beigetragen.
Alles fing damit an, dass mich eine junge Familie mit zwei Kindern zum Family Check-Up konsultierte. Weil ich nun schon eine ganze Weile hier arbeite, kennen mich viele kleine Kinder seit ihrem ersten Zahn und ich sie. So entkommt natürlich auch kein Daumen- oder Schnuller-Lutscher mit einem frontal offenen Biss dem erhobenen Zeigefinger meiner kieferorthopädischen Ermahnungen. Im Falle der kleinen Tochter hatte sich die Situation seit unseren vorausgegangenen Begegnungen nicht verändert, und ich musste wieder damit anfangen. Diesen Schnuller müsse sie jetzt einfach mal loswerden, ich hätte aber eine Idee: Von Santa Claus und einigen Eltern, die Zugang zu coolem Spielzeug haben, sei mir bekannt, dass sie sich mitunter auf Tauschgeschäfte einlassen. Im Austausch gegen Schnuller seien da bereits schon ganze Barbie-Puppen über den Tisch gegangen, sagte ich wissend. Das fand die Kleine interessant. Auch die Mama hörte interessiert zu, und erzählte gleich, dass sie sogar neulich eine Zahnärztin-Barbie gesehen habe. Klar, sagte ich, so eine hätte ich auch selbst (und das stimmte durchaus: Originalverpackt seit meinem Examen, what can I say).
Jetzt habe ich die Mutter wiedergesehen, die mich kopfschüttelnd mit den Worten “Good news and bad news!” begrüßte: Die Tochter habe inzwischen ihren Schnuller gegen eine Barbie-Puppe eingetauscht und lutsche seither nicht mehr. Problem sei, dass ihr Bruder nun auch eine Barbie will. Ist ihm egal, was die Eltern da sagen, dass das kein Spielzeug für Jungs ist: Der Zahnarzt hat ja schließlich auch eine.
So verunsichert ich jetzt in meiner Vorbildfunktion bin, so erleichtert bin ich, dass ich die Scheidungs-Barbie nicht auch noch erwähnt habe (vom Hersteller in der Originalverpackung geliefert mit der Hälfte von Kens Vermögen).