IfIHadKnownForJustOneSecond You’dBeBackToBotherMe

Mein zweiter Liberation Day in Guernsey, der siebzigste für die Insel und für mich immer noch sehr kurios, daß hier die Fahne mit der großen schwarzen Spinne erst einen Tag nach Berlin heruntergeholt wurde. Ich hoffe, ich darf länger bleiben als die Landsleute, um die es da bei den Feierlichkeiten geht.

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Der Buckingham Palast schickte sogar eine Schwiegertochter, und es kam kurz zu einer Begegnung der Windsors mit den Kottenhahns. “Hello. How are you?” wurden wir gefragt. Schön, daß sie das interessierte.

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Guernsey ist gut zu mir.

RollingInTheDeep

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Endlich ist es gelungen: Ein Grünes Seeohr konnte gefunden werden. Grüne Seeohren heißen hier “ormer” und das Suchen danach “ormering“. Es ist völlig normal, vom ormering frierend, nass, salzig und immernoch mit leeren Händen zurückzukommen, aber ich hatte Schwein (also eigentlich sozusagen sogar Meerschwein):

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Der Gedanke an Ormers verzückt die Einheimischen – Suchen, Zubereiten und Verspeisen haben tiefe Tradition. Sie sind angeblich sehr lecker und zudem ganz was Besonderes weil sie so selten sind (das waren sie wohl nicht immer, Ältere erzählen noch von großen Mengen, Körbe voll und so, etwa ähnlich wie bei uns die Geschichten von Maikäfern). Ormers sind keine Muscheln, sondern Schnecken (haben also nur einen Deckel), und sie leben unter Steinen. Von Januar bis April bei Vollmond und bei Neumond während der Ebbe dürfen die Einwohner Guernseys an der Küste entlang Ormern gehen, wobei man Steine herumrollt, drunterschaut, sie möglichst wieder ordentlich zurücklegt und nicht weiter als bis zum Hals ins Wasser geht: Das mit dem Kopf über Wasser mag in dem Zusammenhang erstmal pulmologisch sinnvoll klingen, soll aber nur sicherstellen, dass keiner mit Taucherausrüstung loszieht und es damit keine sichere Ecke mehr für die Kleinen gibt. Guernsey war 1969 mit der ersten Unterwasser-Festnahme in den Schlagzeilen (no shit), weil sich jemand (dessen Name immernoch inselbekannt ist) nicht daran gehalten hatte und der diensthabende Bobby auf dem Weg zum abgetauchten Gesetzesbrecher schnell seinen privaten Taucheranzug aus dem Schuppen geholt hatte.

Auch eine Mindestgröße muss eingehalten werden, da gibt es sogar ein extra Ormermessdings:

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StillAManHearsWhatHeWantsToHear AndDisregardsTheRest

Mein Migrationshintergrund hat sich am vergangenen Wochenende zum wiederholten Male in den Vordergrund gedrängelt. Wie schon im letzten Jahr brauchte man für ein BBC-Hörspiel über die deutsche Besatzung der Kanalinseln 1940-45 tatsächliche Deutsche, männlich, im Soldatenalter, mit Akzent und so – und musste in der Not auf mich zurückgreifen. Der Humor dieser geschichtlichen Entwicklung hätte meinen Großeltern bestimmt auch gut gefallen: Sie mussten ihr Radio noch besonders leise stellen, um diesen Feindsender abzuhören, und ihr Enkel darf schon ganz laut mitquatschen.

Mir wurde die Rolle des Herrn links im Bilde zugewiesen; zum Glück war das ja Radio und ich musste keine albernen Plusterhosen tragen:

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Der Linke ist also der Herr Major Dr. Maass, der in britischer Kriegsgefangenschaft zuvor im ersten Weltkrieg genug Englisch aufgeschnappt hatte, um dem Kommandeur Major Dr. Lanz (Bildmitte) mit Dolmetscherdiensten zur Seite zu stehen. Es ist nachzulesen, dass es Dr. Maass dank seiner Manieren gelungen ist, bei den Einheimischen sogar als Besatzer in einigermaßen guter Erinnerung zu bleiben.

Für das Hörspiel inszeniert wurde eine bemerkenswerte Begebenheit vom Beginn der Besatzung auf der Nachbarinsel Sark. Seit 1563 herrscht hier ein Kronvasall: Die seinerzeit amtierende Inhaberin dieses Titels, Sybil Hathaway, empfing die eintreffenden deutschen Offiziere in ihrem Schlösschen und hatte den Bediensteten Anweisungen gegeben, keinen großen Aufstand zu machen oder Erregung zu zeigen und sie lediglich als “Besucher aus Deutschland” anzukündigen. Zudem sollten sie sich ins Gästebuch eintragen, Betonung auf “Gäste”. Nachdem Lanz und Maass ins Empfangszimmer getreten waren um ihr zu erklären wo jetzt der Hammer hänge, hat Frau Hathaway die beiden in fließendem Deutsch begrüßt und dadurch wirksam verdutzt (sie hatte mal ein Praktikum in Deutschland gemacht). Es hatte mich überrascht, dass man sich für eine Radioproduktion solche Umstände machen würde, aber die Aufnahmen für diese Szene wurden aufwändig am Originalschauplatz vorgenommen (Bootsfahrt nach Sark und alles) während uns der gegenwärtige Feudalherr die Bude überlassen hatte und die Magd Tee und Kekse servierte. Selbst Stiefelschritte in der Kiessauffahrt wurden mit viel Liebe zum Detail und mehreren Mikrofonen aufgenommen (mit meinen Reitstiefeln konnte ich mir bei den Tontechnikern Glaubwürdigkeit verschaffen).

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Regie führte kein Geringerer als Inspector Barnaby selbst, und ich darf ihn “John” nennen, wir sind ja schliesslich jetzt Kollegen:

Ich weiss natürlich schon, wie das wieder ausgeht (nämlich wie letztes Jahr): Wenn mir das fertige Hörspiel zu Ohren gekommen ist, werde ich in tiefe Depressionen verfallen – weil ich doch nicht so ein guter Schauspieler bin, wie ich gedacht hatte. Nicht mal einen netten Mann kann ich spielen.

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So Goodbye Yellow Brick Road

Also einen hatte Little Jimmy Dickens noch: Sagt sein Arzt, das mit der Schwerhörigkeit links sei kein Wunder, da klebe ja ein Zäpfchen im Gehörgang. Oh, das helfe ihm weiter: Jetzt hätte er endlich eine Ahnung, wo sein Hörgerät dann wahrscheinlich stecke.

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Mehr aus der nunmehr abgeschlossenen Sammlung gibt es hier und hier. Und hier und hier.

Puttin’ On The Nuts

Möglicherweise hatten sich Touristen wegen der künstlichen Weihnachtsbäume beklagt oder sich in der Angelegenheit kulturell überlegen verhalten.

Da. Kokosnuss-Schalen. Nicht künstlich.

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