Grüß mir die Sonne

Ich bin heute in den Genuss einer Flugstunde gekommen. Für ein paar bunte Fotos bin ich dabei gerne bereit, auch mal Leib, Leben und Flugsicherheit zu riskieren:

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Von Compton Abbas nach Longleet und wieder zurück, und im Landeanflug über Madonnas Haus.

Ferry Tale

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Meine Wünsche und meine Möglichkeiten machen sich ja ganz schön oft über einander lustig. Meine Möglichkeiten zucken dann wiederum mit den Schultern und wissen gar nicht was das soll. So auch eine bis gestern völlig ungenutzte Möglichkeit: Mit der Autofähre von Poole nach Frankreich übersetzen, dort ein bisschen zu französischer Radiomusik auf der richtigen Straßenseite umherfahren, den Kofferraum mit französischen Leckereien beladen und dann wieder zurück mit der nächsten Fähre. Das hätte ich schon längst mal machen sollen. Foie Gras und Rillettes werden mir jetzt jedenfalls nicht mehr so schnell ausgehen.

Überraschendes Ärgernis: Das Mitführen von Ersatz-Benzinkanistern ist auf Autofähren nicht mehr erlaubt, und mein in den achtziger Jahren (für unter 1,00 Deutsche Mark/Liter) vom Vater sorgfältig befüllter und seither mit dieser Füllung unberührt in zwei verschiedenen Familienautos immer treu mitgereister 5-Liter-Kanister wurde beschlagnahmt. Nee, also von einem Benzinkanister mit sentimentalem Wert hätten sie ja noch nie gehört. Nach dem weggenommenen Glas Honig neulich an der Flughafenkontrolle ist der Punktestand im War On Terror damit 2:0 gegen Kottenhahns.

Saddle Up

images-11Seit dem Sommer gibt es in London ein ausgetüfteltes Leihfahrrad-System, und genausolange hatte es mich gestört, dass ich da nicht mitspielen durfte. Nun hat sich das geändert, und an meinem Schlüsselbund hängt ein kleiner Plastikstab, der mich an etwa 400 Docking-Stationen (früher “Fahrradständer” genannt) bei seiner Einführung in einen dafür vorgesehenen Schlitz dazu befähigt, ein Fahrrad zu befreien und damit loszuheizen. Nachdem man es wieder zurückgebracht hat, kann man sogar eine kleine Quittung mit seiner Strecke ausgedruckt bekommen und/oder sie hinterher im Interweb nachlesen. What a time to be alive.

boris-bike29-4151Zu verdanken haben wir das dem Bürgermeister von London, ein ganz fabelhafter Mann namens Boris Johnson. Nicht nur ist er seit Maggie Thatcher der erste und einzige britische Politiker, der in Volksmund und Presse allein durch Nennung seines Vornamens identifizierbar ist, der Name Boris hat sich nunmehr auch noch als Name für diese stabilen Londoner Fahrräder durchgesetzt: “to ride a Boris”. Der Herr Bürgermeister werde auch viel auf seinem Fahrrad gesehen, ist zu hören. Als Boris Johnsons Vater, der ihm sehr ähnlich sehen soll, neulich jemand “Wichser!” hinterhergepöbelt hat, soll dieser ungerührt von seinem Fahrrad gerufen haben “Sir, ich vermute, Sie meinen meinen Sohn.”

Am nächsten Wochenende werde ich wieder fortbildenderweise in London erwartet, aber ich glaube ich möchte schwänzen und mit Boris ein paar Tauben aufscheuchen.

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You Can Brush My Hair, Undress Me Everywhere

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Ich glaube, ich habe vor kurzem zum Coming-Out eines Fünfjährigen beigetragen.

Alles fing damit an, dass mich eine junge Familie mit zwei Kindern zum Family Check-Up konsultierte. Weil ich nun schon eine ganze Weile hier arbeite, kennen mich viele kleine Kinder seit ihrem ersten Zahn und ich sie. So entkommt natürlich auch kein Daumen- oder Schnuller-Lutscher mit einem frontal offenen Biss dem erhobenen Zeigefinger meiner kieferorthopädischen Ermahnungen. Im Falle der kleinen Tochter hatte sich die Situation seit unseren vorausgegangenen Begegnungen nicht verändert, und ich musste wieder damit anfangen. Diesen Schnuller müsse sie jetzt einfach mal loswerden, ich hätte aber eine Idee: Von Santa Claus und einigen Eltern, die Zugang zu coolem Spielzeug haben, sei mir bekannt, dass sie sich mitunter auf Tauschgeschäfte einlassen. Im Austausch gegen Schnuller seien da bereits schon ganze Barbie-Puppen über den Tisch gegangen, sagte ich wissend. Das fand die Kleine interessant. Auch die Mama hörte interessiert zu, und erzählte gleich, dass sie sogar neulich eine Zahnärztin-Barbie gesehen habe. Klar, sagte ich, so eine hätte ich auch selbst (und das stimmte durchaus: Originalverpackt seit meinem Examen, what can I say).

Jetzt habe ich die Mutter wiedergesehen, die mich kopfschüttelnd mit den Worten “Good news and bad news!” begrüßte: Die Tochter habe inzwischen ihren Schnuller gegen eine Barbie-Puppe eingetauscht und lutsche seither nicht mehr. Problem sei, dass ihr Bruder nun auch eine Barbie will. Ist ihm egal, was die Eltern da sagen, dass das kein Spielzeug für Jungs ist: Der Zahnarzt hat ja schließlich auch eine.

So verunsichert ich jetzt in meiner Vorbildfunktion bin, so erleichtert bin ich, dass ich die Scheidungs-Barbie nicht auch noch erwähnt habe (vom Hersteller in der Originalverpackung geliefert mit der Hälfte von Kens Vermögen).

Goes Good With Beer

War ich doch jetzt auf dem Oktoberfest. Das in München. Jahrelang habe ich mal dort in der Nähe gewohnt, aber da wäre es viel zu einfach gewesen, dann auch mal hinzugehen. Ich musste erst wegziehen und dann von ganz weit weg mit der Lufthansa anreisen, so schwer macht man sich es manchmal.

Klar war, dass sich der Weg lohnen würde. Aber ich hatte ja keine Ahnung, wie sehr: Meitei war ihrer Aufgabe als Event-Manager wieder einmal mehr als gewachsen und hat somit gekonnt das volkstümliche Thema meines Besuches bestimmt: Wo auch immmer an diesem Wochenende Bier in Lederhosen und Dirndl getrunken wurde, da waren wir auch, und zwar biertrinkend in Lederhosen und Dirndl. Auch an Exklusivität nahm das Wochenende in seinem Verlauf zu: Beim Ingolstädter Volksfest kam noch jeder rein, beim Weißwurst-Frühstück vom Prinzenpaar musste man am Eingang schon erkannt werden, und ins volle Augustiner-Zelt auf der Wies’n schleuste uns dann hintenrum der Spezl eines Bekannten vonnem Bekannten, der Beziehungen hatte oder herausgefunden hatte, dass man in München weit kommt, wenn man den Schorschi, Toni oder Franzl kennt. Ungefähr 8000 Leuten war es auf diese oder andere Weise gelungen, ins Festzelt zu gelangen und wenn man sich so umschaute, hatten die alle bereits Freundschaft miteinander geschlossen.

Es gibt ja für alles einen Ort und eine Zeit, hier ausnahmsweise auch für Volksmusik. Das Liedgut war zum Mitgrölen geeignet und zupfte auch beharrlich ganz bestimmte Saiten, für die Exildeutsche empfänglich sein würden: Von guten alten Country Roads war da sogar auch die Rede, die einen nämlich wieder home taken sollten to the place I belong, jemand anderes wollte wieder hoam nach Fürstenfeld, und Nickerbocker wollte nur z’ruck zu Biene. Ich meine, die Kapelle wusste was sie tat.

Ich hatte unseren 8000 neuen Freunden später nur kurz mal den Rücken zugedreht, da war das Zelt hinter mir plötzlich weitestgehend geräumt. Früher war mir das noch nicht so bewusst gewesen, aber es gibt im Bayerischen etwas, das andere Sprachen missen: Eine Redewendung, die mit aller Liebe des Herzens aber ohne ungastlich zu wirken sagt, dass die Gäste sich jetzt verpissen sollen. Die Saal-Ordner machten davon reichlich Gebrauch – ein langsam und väterlich ausgesprochenes “Jetzadla, gehma.

Zu diesem Zeitpunkt stand schon fest, dass der Abend gelungen und ich sehr glücklich war. Aber immer wenn ich denke, jetzt gehe es nicht mehr besser, gibt es noch irgendwo Zuckerwatte. Meitei behauptet jetzt, es habe auch gebrannte Mandeln gegeben, aber an die erinnere ich mich nicht, was mich nachdenklich macht.

Am Schluss haben alle “Servus” gesagt und “Pfüat Eich“. Schöner kann man das nicht sagen.