Now Is The Winter Of Our Discontent

Seit langem gehen auf dieser Website alle weiter, denn es gibt nichts zu sehen. So kann es jedenfalls nicht weitergehen.

Dabei hätte ich täglich über Wetter und Gesundheit jammern können und zu beiden Themen auch reichlich Material gehabt. Mustn’t grumble.

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Wollte ich nur gesagt haben, falls einer inzwischen denkt, ich sei tot oder kriege meinen Laptop nicht auf.

Ferry Tale

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Meine Wünsche und meine Möglichkeiten machen sich ja ganz schön oft über einander lustig. Meine Möglichkeiten zucken dann wiederum mit den Schultern und wissen gar nicht was das soll. So auch eine bis gestern völlig ungenutzte Möglichkeit: Mit der Autofähre von Poole nach Frankreich übersetzen, dort ein bisschen zu französischer Radiomusik auf der richtigen Straßenseite umherfahren, den Kofferraum mit französischen Leckereien beladen und dann wieder zurück mit der nächsten Fähre. Das hätte ich schon längst mal machen sollen. Foie Gras und Rillettes werden mir jetzt jedenfalls nicht mehr so schnell ausgehen.

Überraschendes Ärgernis: Das Mitführen von Ersatz-Benzinkanistern ist auf Autofähren nicht mehr erlaubt, und mein in den achtziger Jahren (für unter 1,00 Deutsche Mark/Liter) vom Vater sorgfältig befüllter und seither mit dieser Füllung unberührt in zwei verschiedenen Familienautos immer treu mitgereister 5-Liter-Kanister wurde beschlagnahmt. Nee, also von einem Benzinkanister mit sentimentalem Wert hätten sie ja noch nie gehört. Nach dem weggenommenen Glas Honig neulich an der Flughafenkontrolle ist der Punktestand im War On Terror damit 2:0 gegen Kottenhahns.

Bullseye!

Ein schönes Foto im Interweb heute, von einem kleinen gerechten Moment gestern in Madrid.

Als Fachzahnarzt für Oralchirurgie verneige ich mich vor meinem gehörnten Kollegen und ziehe den Hut vor seiner gekonnten Indikationsstellung und konsequenten Therapie.

Manche Traditionen muss man sich einfach nochmal durch den Kopf gehen lassen.

bullzye

Put Your Money Where Your Mouth Is

Im Familienbesitz befindet sich ein Röntgenbild, das meine fünfjährige Hals- und Brustwirbelsäule mit einer Opazität in Form einer Münze zeigt. Ein bißchen Kinderschädel ist auch drauf, was der Aufnahme eine putzige Note verleiht. Erklärter Plan der Eltern ist es, dieses Bild anlässlich meiner Hochzeit in humoristischer und im schlimmsten Falle, wie zu befürchten wäre, gereimter Form zum Teil des Entertainments der Gäste zu machen, und alle würden fröhlich sein und lachen und klatschen. Ain’t gonna happen.

Die Münze (20 Pfennig Ost) war mir mit der klaren Anweisung, sie in meine Sparbüchse zu werfen, überreicht worden. Wahrscheinlich um die Hände für eventuelle weitere Geldgeschenke frei zu haben, hatte ich sie kurz im Mund zwischengelagert und dabei nicht an die damit verbundenen Risiken gedacht. Die Erwachsenen hatten immer mit dem grausamen “Bauchaufschneiden” gedroht, sollte man mal so ungezogen sein und etwas nicht Essbares verschlucken. Als der Radiologe im Krankenhaus dann mit einer großen Schere und einer Rolle Leukoplast in den Händen meinen besorgten Vater begrüßte, war mir deswegen sofort klar, welche Therapie nun bevorstand; er hatte aber bloß gerade das Polster der Liege im Röntgenraum geflickt.

Meine Strafe bestand seinerzeit darin, eine gefühlte Ewigkeit stationär im Potsdamer Kinderkrankenhaus zu verbringen und währendessen von den größeren Kindern “Sparbüchse” genannt zu werden. Zur Strafverschärfung wurde eine Besuchs-Sperre verhängt. Daß das eine juristische wie pädagogische Fehlentscheidung war, konnte man gestern Abend im britischen Fernsehen verfolgen: Man hätte damals die Situation ganz anders angehen, mich fördern und einem schlummernden Talent den Weg ebnen können. Ich hätte ganz groß rauskommen können, und die Welt des Showbusiness würde mir jetzt zu Füßen liegen.

Windows 33

Ich hatte gehofft, irgendwann würde ich hier in England mal ein Schiebefenster auf- oder zuhieven können ohne dabei an diese Tadellöser-Szene denken zu müssen.

Nein, ich bin noch nicht soweit. Jedesmal.

One For the Money, Two For The Show

logoIch habe am ver- gangenen Wochen- ende viele Kilometer auf der falschen Fahrbahnseite zurück- gelegt um nach Bir- mingham und damit in die fragwürdige Ge- sellschaft tausender anderer Zahnärzte zu gelangen. Hier fand eine riesenhafte Konferenz statt, die Dentistry Show.  Und tatsächlich waren die größten Showmaster der Dentalbranche vor Ort: In der Herrentoilette begegnete mir Bill Dorfman aus Beverly Hills, also known as “Dr. Bill”, dem ich nicht das Wasser reichen, es sehr wohl aber gemeinsam mit ihm lassen konnte. Er sprach sogar zu mir (ich bin unwürdig!).

Wenn man sich so eine dentale Industrieausstellung dieser Tage ansieht, hat man den Eindruck, daß es eigentlich keine Karies mehr zu bekämpfen gebe und Parodontitis nur noch medizinhistorische Bedeutung habe. Stattdessen verbringen Zahnärzte heute offenbar ihre Arbeitszeit damit, Zähne zu bleichen. Jedenfalls gibt es hierfür das größte Angebot an Systemen, Materialien und Marktschreierei. “Smile” ist der Begriff, ohne den die Branche nicht mehr auskommt (ich persönlich muss mich wohl endlich mal von meiner albernen Vorstellung lösen, daß jedesmal wenn wieder ein Zahnarzt dieses überstrapazierte Wort “smile” werbewirksam in den Mund nimmt, irgendwo ein Kätzchen stirbt). Zwischen den ganzen Smile-Ständen der Messe steht dann manchmal so ein kleiner, kaum beachteter Stand einer führenden Firma, die Füllungsmaterialien oder -instrumente anbietet (Tss. So 20th century!).

Hervor tun sich in diesem Biotop auch Dienstleistungsunternehmen, die Zahnärzten versprechen, sie erfolgreich und wohlhabend zu machen, am besten ganz schnell und ohne viel Arbeit. Diese Praxis-Coaches können in der Regel besser rechnen als Zahnärzte, sich mit ihren Theorien und Methoden etwas von der manchmal hemmenden Realität lösen und mit ihrem Selbstbewusstsein ihren Service so überzeugend verkaufen, wie der Zahnarzt es auch gern würde. Sie wissen alles ganz genau, und der überstrapazierte Begriff, mit dem sie wiederum großzügig umgehen (und vermutlich Kätzchen töten) ist “win/win”. Wenn man die Dienste eines Praxis-Coaches in Anspruch nimmt, bringt der einem bei, wie man Leute verarscht, und sobald man zu bemerken imstande ist, daß man selbst gerade von seinem Praxis-Coach nach demselben Muster verarscht wird, hat man das Klassenziel erreicht.

Ob ich die Geschichte von den beiden Fröschen im Milchkübel kenne, hat mich in Birmingham ein netter Kollege, mit dem ich über Praxis-Coaching plauderte, gefragt. Ich dachte zunächst, er meine die olle Motivations-Kamelle, derzufolge man strampeln solle bis die Milch zu Butter geschlagen und man vorm Ertrinken gerettet sei, aber ich antwortete höflich, nein, die kenne ich nicht. Gut, daß ich das gesagt habe, denn die Fabel ging anders, war lehrreich und soll hier abschließend zur Inspiration nacherzählt werden:

Zwei Frösche hüpfen an einem warmen Sommertag auf einer Farm an einem vollen Milchkübel vorbei. Sie sind darüber zunächst sehr glücklich, springen hinein und trinken kräftig. Erst als sie genug getrunken haben merken sie, daß damit der Pegel gesunken ist und sie nun nicht wieder aus dem Eimer herauskommen.
Während sie immer verzweifelter strampeln, kommen andere Frösche herbei und rufen ihnen vom Eimerrand zu, wie sie das anstellen sollen mit dem Heraushüpfen. Es werden immer mehr Frösche um den Eimer herum und jeder quakt den beiden Ertrinkenden seine Ratschläge zu, jeder hat eine todsichere Methode oder eine unfehlbare Technik.
Irgendwann schafft es einer der beiden Frösche aus dem Milchkübel herauszukommen. Der andere ertrinkt leider.
Als die Schaulustigen mit dem Überlebenden sprechen wollen, stellt sich heraus, daß er taub ist.

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Tempora Mutantur

Dank der guten Menschen von facebook wurde ich heute dieses Fotos ansichtig:

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Das Bild ist dieser Tage WÄHREND des Unterrichts in der Alten Landesschule Korbach entstanden. An genau dieser Schule bekam ich in genau diesem Monat vor genau 20 Jahren (in diesem Zusammenhang fiel mir das Jubiläum auch erstmal auf) den größten Ärger meines jungen Lebens, weil ich AUSSERHALB des Unterrichts ungenehmigte Aufnahmen vom Schulleben gemacht hatte. Diese Aufnahmen wurden dann beim alljährlichen Weihnachtsbasar in alberner Filmform für einen guten Zweck vorgeführt, jemand nahm Anstoß, das Unheil seinen Lauf und ich in den darauffolgenden Wochen meinen Hut.

Ich bin daraufhin damals zu einer alten Zigeunerin gegangen und habe sie um einen ordentlich fiesen Fluch auf die Lehrerzunft gebeten. Sie hat vorgeschlagen, daß in ihrem Fluch alle Schüler in der Zukunft kleine Telefone mit Kameras im Ranzen haben und damit jederzeit unerlaubte Foto-, Audio- und Videoaufnahmen machen und drahtlos verbreiten können würden. “Utopisch aber kreativ!”, dachte ich da und buchte den Fluch verbindlich.

Muuaaaa-ha-ha-ha-haaaaaaaaaahhhhhhhhhh!!!!!!!!!!!!

Der Lehrer in diesem Foto war übrigens damals mein Mitschüler. Ich nehme an, daß er an manchen Tagen unsere alten Lehrer um ihre niedlichen Probleme von damals beneidet.