April Fools Rush In

Ich glaube, das hat was mit dem Datum zu tun, daß auf der Behandlungsliste für morgen die ersten beiden Patienten Hugh Jass und Mike Rotch heißen. Wir haben nämlich eine humorvolle neue Rezeptionistin. Ich nehme an, im Laufe des Tages werden noch folgende Patienten als Notfälle in der Tagesliste auftauchen:

Phil Latio, Sarah Jewo, Peter Silie, Mike Litoris, Anna Bolika und Eva Kuierung.

Bad Air Day

Ein gut durchgeplantes Wochenende in München stand mir bevor. Ich hatte sogar in einem Flughafen-Hotel in Heathrow übernachtet, um diesem grenzenlos freien Freitag schon ein Frühstück über den Wolken und ein Lunch in Ingolstadt abzutrotzen. Am Abend würde ich dann in Erding der Einweihung von Christianes neuer Praxis, in der neben schadhaften Zähnen auch noch kariöse Yings und Yangs ganzheitlich behandelt werden können, beiwohnen. Mein Horizont würde erweitert und mein Wissensdurst beflügelt. Schön hatte ich mir das ausgedacht und vorgestellt.

Ich sollte aber in jeder Hinsicht bis auf weiteres am Boden bleiben. Mein Flug wurde annulliert und ich angewiesen, mich in eine Schlange einzuordnen, an deren Spitze die Lösung meines Problems in Gestalt eines späteren Fluges warte. Maßstab einer langen Schlange war bisher für mich seit 1979 immer die disziplinierte Polonaise, die sich vom Lenin-Mausoleum über den Roten Platz hinaus schlängelte und schonmal zwei bis drei Stunden in Anspruch nehmen konnte bis man an dem kleinen Unheilstifter in seinem beleuchteten Glas-Sarg vorbeigeschoben wurde. Heathrow wusste das heute mit etwas über sechs Stunden glatt zu übertreffen. Angeblich war da Licht am Ende des Tunnels:

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Ich weiß nicht genau warum, aber ich wurde von einem kleinen Flughafen-Wichtigtuer mit offiziellem Namensschild aufgefordert, nicht zu fotografieren und das oben gezeigte Foto sofort zu löschen, er hole sonst die Polizei. Klar, daß hier alles so lange dauert, wenn während der Frühschicht noch Zeit für Kindereien ist.

Wenn man so einen halben Tag mit unbekannten Leidensgenossen in einer Schlange verbringen musste, sich gegenseitig seine Geschichten erzählt sowie gemeinsam und entschlossen verschiedene (und, mmh, immer deutsche) Vordrängler in die Flucht geschlagen hat, schweißt das zusammen und führt am Schluss sogar zu Abschieds-Szenen mit Gruppen-Winken.

Einen Ersatzflug gab es dann nicht, jedenfalls nicht am selben Tag. Inzwischen sitze ich wieder daheim in Blandford, there’s no place like home. Im Schaukelstuhl mit einem Erwachsenengetränk, und dann ist alles was uns groß und wichtig erscheint plötzlich nichtig und klein. Über den Wolken my ass.

Red Hair Day

Die britische Supermarktkette Tesco hat heute unter großem Entschuldigungswimmern diese Weihnachtskarte aus ihren Regalen entfernt. Deshalb muss ich Tobi jetzt eine mit Rentieren im Schnee schicken. Where is the love?

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Island In The Stream

Wenn mir die Rechtfertigungen für Wochenenden in London ausgehen, buche ich meistens eine Fortbildung dort. Deshalb war ich gestern morgen wieder an der Themse anzutreffen. Zwischen den beiden folgenden Schönwetter-Fotos saß ich dann leider ganztägig in einem dunklen Hörsaal vom King’s College fest. Bemerkenswert war, daß man bei diesem Symposium zur Begrüßung nicht mehr nur das übliche Bündel incl. Namensschild, Prospekten, Schreibblock und Werbekuli bekam, sondern auch noch einen USB-Stick mit allen Vorträgen des Tages drauf (man hätte also gleich wieder heimgehen können). What a time to be alive.

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Weil ich nach stundenlangen Vorträgen über schlechte Zähne nochimmer nichts dazugelernt hatte, freute ich mich am Abend sehr über das kandierte Allerlei auf dem germanoiden Weihnachtsmarkt am Süd-Ufer. Hier gab es sogar beschriftete Lebkuchen-Herzen zum Umhängen. “I love you” stand da drauf und “I (Herz) London”. Die hatten keins für mich mit der Aufschrift “Aweng a Heimweh hob I jetzt fei scho’.”, und ich habe stattdessen einen Hamstervorrat gebrannter Mandeln angelegt.

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Es sollte bergab gehen mit diesem Tag: Auf der Autofahrt nach Hause bin ich von einem so heftigen Regen überfallen worden, daß man hätte glauben können, man sei in der Waschstraße, und zwar in einer ohne Licht. Die Straßen waren überflutet, und auch wenn es sich ganz falsch anfühlte, musste man da ja durch. Gerade als ich dachte, ich schaffe es bis nach Hause schon, hat es der gute alte Benz noch durch eine nasse Senke geschafft und dann schlapp gemacht. Das mir nur akustisch vertraute Vorgehen im Motorraum war nicht wieder in Gang zu kriegen. Klar war mir, daß ich so nicht auf der Fahrbahn stehenbleiben konnte, nicht gerechnet hatte ich damit, daß ich beim Schieben und Lenken von anderthalb Tonnen Fahrzeuggewicht an den Straßenrand mit dem eigenen ipsilateralen Ellenbogen imstande sein würde, mir eine Rippe zu brechen. Das weiß ich jetzt, das tut jetzt weh.

Die Geschichte geht aber doch noch gut aus: Ein hilfsbereiter Engländer namens Russel kam aus dem nächstliegenden Haus und hat mir ein flauschiges trockenes Handtuch gegeben und mich nach Hause gefahren. Weil er eigentlich “The X-Factor” kucken wollte, ist ihm das hoch anzurechnen, und ich hoffe, daß er für den Rest seines Lebens keinem unfreundlichen Deutschen begegnet.

Mein Auto war am nächsten Tag wieder in Gang zu kriegen. Is natürlich jetzt klar, daß ich demnächst auf ein unverwüstliches fettes Allrad-Monster mit riesenhaften breiten Reifen umsteigen muss. Brauche ich ja schließlich, haben wir ja gesehen.

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Sleepless in London

Mein Reisepass hat in den letzten Jahren eine so bedeutsame Rolle in meiner Lebensführung gespielt, daß das nunmehr nahende Ende seiner Gültigkeitsdauer mich unruhig gemacht hatte. Weil ich mich schon lange im Ausland herumtreibe und bei keiner deutschen Gemeinde mehr  als sesshaft angemeldet bin, musste ich gestern in dieser Angelegenheit die deutsche Botschaft aufsuchen. Deutsche Reisepässe schienen sehr begehrt zu sein, und viele wollten zeitgleich mit mir einen davon haben. In Knightsbridge, gleich hinter Harrod’s, ist eine Nachbarschaft mit einer Botschaft neben der anderen, jede natürlich durch Beflaggung gekennzeichnet. Ich hatte zunächst den Eindruck, daß entweder ich oder die überwiegend afrikanisch aussehenden anderen Botschaftsbesucher sich da im Eingang geirrt hatten, während ich als ethnische Minderheit im Wartezahl mit meinem Nummern-Zettelchen in der Hand saß. Das wurde dann noch etwas origineller, als meine mitgebrachten, vom Fotografen speziell angefertigten Biometrie-tauglichen Passbilder am Schalter als zu dunkel abgelehnt wurden, während links und rechts von mir andere Antragsteller Fotos abgaben, die wie Scherenschnitte aussahen!

Nachdem man in der Botschaft sehr großzügig mit meiner Freizeit umgegangen war, hatte ich glücklicherweise noch etwas Zeit für ein Treffen mit Choc, dem einzigen Belgier, den ich kenne und ein Londoner Kulturprogramm, das gleich mehrere Höhepunkte umfasste: Toby Keith, seit Jahren ein Platzhirsch im Country Music-Revier, hatte sein allererstes Konzert ever in England. Da durfte ich nicht fehlen und hatte mir auch wieder einen recht guten Platz im Hammersmith Apollo gesichert. Wenn vor mir gerade keiner seinen Cowboy-Hut oder Cowgirl-Hintern im Stehen schwingen wollte, hatte ich diese Sicht:

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Diese Country-Konzerte locken immer auffällige Menschen aus ihren Verstecken, man ist dann meist umgeben von Rummelplatz-Cowboys mit Hut, Fransenjacke und Traumfänger-Schmuck, die glücklich jubeln und bedeutungsvoll ihre Getränke in die Höhe halten, wenn von Alkohol gesungen wird:

Im ganzen Land und insbesondere in London wurde gestern, am  Armistice Day, wieder der Kriegsopfer der Vergangenheit und Gegenwart mit Mohnblumen gedacht, und am Trafalgar-Square gelang mir davon dieses Foto:

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Erst am Wochenende war ich schonmal am Trafalgar-Square gewesen, weil ich dort mit einer Luckenwalder Abordnung zu einem kleinen Klassentreffen verabredet war. Schon nach wenigen Stunden merkte ich meinen eigenen Gedanken einen Berliner Dialekt an, der ist wohl nie von der Festplatte gelöscht worden. Zum 20. Jahrestag des Mauerfalls hatte mir Marlen zu meiner großen Freude das Brandenburger Tor als Plätzchenform mitgebracht. Die termingerechte Anfertigung von Einheitsplätzchen ist dann aber wegen der sechs grazilen Säulen nix geworden, ersatzweise musste auf  Einheitsgetränke ausgewichen werden.

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Broiler, Meck-Pomm und Currywurst

Es ist wieder einmal soweit: Broilertreffen 2009, diesmal an der Ostsee! Das Vorprogramm hat gestern schon ohne mich in Kühlungsborn angefangen, und die Broiler grillen schon im Strandkorb. Heute spätabend werde ich über Bristol und Berlin dazukommen und hoffe auf das traditionelle wie landestypische Erwachsenengetränk mit rotem Käppchen zur Begrüßung. Bei dessen Ausschank kommen ohne langes Herumeiern dann gleich eventuelle, bisher geheimgehaltene Schwangerschaften ans Tageslicht.

Nach dem Veranstaltungsende bleibt das Reiseprogramm attraktiv: Ich werde durch blühende Landschaften nach Luckenwalde fahren, um dort nochmal auf der Fläming-Skate-Strecke Leib, Leben und Frontzähne zu riskieren. Fläming-Skate’s offizielle Inline-Instructoress Marlen wird mich dabei vor dem Schlimmsten bewahren. In Berlin suche ich danach den Event Support-Experten Thorsten Geitel auf, nicht weil ich eine Großveranstaltung plane, sondern weil wir uns seit der siebten Klasse nicht mehr gesehen haben.

Und irgendwo hoffe ich, eine Currywurst zu bekommen. Ich bin so genügsam.

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Phantomschmerz

Auf Facebook-Umwegen ist mir gerade hinterbracht worden, daß mein allererster Patient (ganz vorne rechts am Fenster) in diesem Semesterferien zu den Todesopfern eines Amoklaufs zweier Franken mit Werkzeugkoffern und blauen Latzhosen gehörte. Mein guter alter Phantomkopf, der immer so schön mitgemacht, weit aufgemacht und stillgehalten hat. Ich werde ihn nie vergessen.

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